
Der Schriftsteller Thomas Bernhard hat einen amüsanten Bericht verfasst über die Verleihung des Grillparzerpreises an ihn. Er geht zum Festakt, betritt den Saal und wartet am Eingang. Es kommen prominente Gäste, die erwartet und mit großem Getue nach vorne zu den Ehrenplätzen geholt werden. Bernhard wird übersehen, obwohl die Veranstaltung ja wegen ihm stattfindet. Schließlich setzt er sich in eine der hinteren Reihen. Der Präsident der Akademie lässt ihn nach vorne holen und überreicht ihm den Preis. Bernhard bedankt sich höflich, dann kommen die Prominenten zu ihm aufs Podium. Die Wissenschaftsministerin, die den Festakt leise schnarchend verschlafen hat, fragt nun: „Ja, wo ist denn der Dichterling?“ Bernhard schreibt: „Ich war unmittelbar neben ihr gestanden, aber ich wagte nicht, mich zu erkennen zu geben. [...] Wir verließen den Saal.“
Wir kennen das von vielen Festlichkeiten: Die Ehrengäste werden zu besonderen Plätzen geführt, abgesondert von den „gewöhnlichen Leuten“. Bei anderen Festen werden Unsummen von Geld für die besten Logenplätze bezahlt, um sich ideal in Szene setzen zu können. Ein paar Augenblicke prominent im Fernsehen, und man ist gleichsam heiliggesprochen.
Im Gegensatz zu diesem Geltungsrausch steht die Tischgemeinschaft zum Gedenken an Jesus um seinen Altar, wo alle, egal welcher Herkunft und welchen Standes, sich als Gleichwertige ins Angesicht schauen können. Der Altar ist keine Bühne, sondern ein Tisch – das Symbol in unseren Kirchen, das zum Ausdruck bringt, dass wir vor Gott alle gleich an Würde und von ihm in gleicher Weise geladen sind.
Christian Landl ist Diakon und Seelsorger in den Pfarrgemeinden Schörfling, Weyregg und Steinbach am Attersee. sonntag@koopredaktion.at