
Aus der KirchenBlatt-Ausgabe Nr. 41 vom 6. November 2025.
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Joachim Schwald
Der Titel deiner VWA lautet „Priesterinnen in der katholischen Kirche – Eine Streitfrage“. Was hat dich bewogen, dich genauer mit diesem Thema auseinanderzusetzen?
Aila Bührle: Ich wusste, dass es in der evangelischen Kirche Pfarrerinnen gibt. Deshalb dachte ich mir: warum eigentlich nicht auch bei uns in der katholischen Kirche? Diese Frage in meinem Kopf wurde immer lauter. Ich wollte die Gründe aufspüren.
Wie bist du bei der Erarbeitung dieses durchaus polarisierenden Themas vorgegangen?
Bührle: Am Anfang meiner Recherchen las ich die Literatur, die für die Öffnung der Priesterweihe für Frauen in der katholischen Kirche ist – das war für mich ein guter Einstieg ins Thema. Immer mehr interessierte mich nun, was für die Kirche dagegen spricht. So stieß ich auf Inter insigniores, das lehramtliche Schreiben von Papst Paul VI. von 1976. Darin wird dargelegt, weshalb es für die Kirche ausgeschlossen ist, Frauen als Priesterinnen zu weihen. Verschiedene Bücher von mir befassten sich mit Inter insigniores und untersuchten dessen Argumentation. So hatte ich beide Seiten und habe meine Argumentation darauf aufgebaut.
Was sind die wesentlichen Argumente in deiner Arbeit? Wie würdest du sie in wenigen Sätzen zusammenfassen?Bührle: Es gibt für die katholische Kirche drei Hauptargumente gegen die Priesterweihe von Frauen. 1. Das Traditionsargument Inter insigniores sagt: „Niemals ist die katholische Kirche der Auffassung gewesen, dass die Frauen gültig die Priester- oder Bischofsweiheempfangen könnten.“ Hierzu kann Folgendes gesagt werden: Es gibt in der Kirche bleibend normative und geschichtlichwandelbare Traditionen. Nur die Kircheselbst hat die Macht zu entscheiden, zu welcher dieser beiden Traditionsarten der Ausschluss von Frauen von der Priesterweihe gehört. So bleibt diese Regelung offen für Änderungen in der Zukunft. Es stellt sich die Frage, ob priesterlose Gemeinden und der Ausfall von sonntäglichen Eucharistiefeiern aufgrund Priestermangels nicht einen viel größeren Traditionsbruch für die katholische Kirche bedeutet als die Öffnung der Priesterweihe für Frauen. 2. Das Zwölferkreisargument Die katholische Kirche argumentiert, dass Jesus, obwohl er ansonsten sehr aufgeschlossen und seiner Zeit voraus war, keine Frau in den Zwölferkreis aufgenommen habe. Also habe Jesus dies bewusst so entschieden, weshalb diese Entscheidung für die Kirche bis heute einen bleibend normativen Charakter habe. Hierzu kann Folgendes gesagt werden: Die 12 Jünger Jesu sollten die 12 Stämme Israels bzw. deren Stammväter repräsentieren. Damit war zur damaligen Zeit klar, dass es (1) zwölf (2) jüdische (3) Männer sein mussten. Zwei dieser drei Merkmale hatten nach Jesu Tod keine Bedeutung mehr. Denn die Zwölferzahl wurde überschritten und es kamen auch Nichtjuden hinzu. Es stellt sich also die Frage, weshalb ausgerechnet am dritten Merkmal, dass es nur Männer sein dürfen, bis heute festgehalten wird. 3. Das Repräsentationsargument Für die katholische Kirche ist klar: Nur ein Mann kann Jesus als Priester repräsentieren, da ansonsten die Gläubigen „in ihm nur schwerlich das Abbild Christi erblicken“ würden, (siehe Inter insigniores) hierzu kann Folgendes gesagt werden: Die Bibel nennt das Mann-Sein Jesu an keiner Stelle als theologisch ausschlaggebenden Grund für sein Haupt-Sein gegenüber der Kirche. Es geht bei der Menschwerdung Jesu Christi nicht um das Mann-Werden, sondern um sein Mensch-Werden.
Zu welchem Schluss kommst du persönlich? Soll es Priesterinnen in der katholischen Kirche geben?
Bührle: Ja, es soll Priesterinnen in der katholischen Kirche geben! Weil theologisch nichts dagegenspricht und es ein wichtiger Schritt für die Kirche wäre.
Glaubst du, dass es diesbezüglich in den kommenden Jahren ein Umdenken geben wird?
Bührle: Von der Denkweise und Diskussion her ist schon Einiges in Bewegung gekommen. Irgendwann wird es sicher Priesterinnen in der katholischen Kirche geben, doch bis dahin kann es noch ein langer Weg sein. In den kommenden Jahren erwarte ich das noch nicht.
Du hast mit deiner Arbeit den diesjährigen Theo-Preis gewonnen. Was bedeutet dir diese Auszeichnung?
Bührle: Dass ich den Theo-Preis 2025 gewonnen habe, bedeutet für mich eine große Ehre und eine schöne Bestätigung für meine VWA, in die ich sehr viel Liebe und Herzblut gesteckt habe. Das freut mich sehr!
Aus der KirchenBlatt-Ausgabe Nr. 41 vom 6. November 2025.
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