
Die Liebe ist Gabe und Garantie, die den Menschen in der Wahrheit leben lässt. Liebe ist das Geschenk, jemanden zu haben, für den und mit dem man leben will. Wenn wir von Gottes Liebe und der Liebe zu Gott reden, dann sagen wir, dass Gott so ist, wie er sich im Leben, Sterben und Auferstehen seines Sohnes gezeigt hat. Durch nichts lässt sich Gott davon abbringen, an seiner Geschichte mit uns Menschen zu hängen. Echte Liebe trägt und prägt. Trotz Leid, trotz beglückender Momente und trotz allen Scheiterns, kann der liebende Mensch nie ins Leere hineinleben.
Und er wird staunen, wozu der Mensch fähig ist, wenn Gott ihn dazu befähigt. Davon redet das Evangelium am fünften Ostersonntag, ein kurzer Ausschnitt aus den langen Abschiedsreden Jesu. Die Abschiedsreden sind Theologie in Hochform, fern von einfachen Anweisungen und billigen Lebensrezepten. Lieben wie er, das meint auch: Füreinander da sein wie er, sich vergeuden und aufreiben wie er und dem Leid nicht aus dem Weg gehen. „Ich kann dich leiden“ – trotz allem, das meint: Ich möchte und kann dich lieben – trotz allem. Ob das möglich ist? Es stimmt, diese menschliche Verschwendung ist übermenschlich, vielleicht sogar die „Schwachstelle“ christlichen Glaubens und Lebens.
„Für-andere-da-sein“, heißt immer: Ich verschenke mich selbst. Und Gott verschenkt sich für die Menschen in seiner Menschwerdung, im Kreuz, im Geheimnis seiner Auferstehung, in seinem Mit-uns-Sein und in der Zusage seines Kommens, wenn alle Liebe dem Ziel näher ist. „Für-Gott-da-sein“ heißt, dass der Mensch über sich hinauswächst, mit Gott die Welt verändert, das menschlich Unmögliche wagt und Liebe riskiert. In Jesus Christus setzt Gott einen neuen Maßstab, diesen haben Christen, Frauen und Männer angelegt und sie haben die Welt neu vermessen.
P. Karl Schauer OSB ist Bischofsvikar in der Diözese Eisenstadt.